Die Feisthirschjagd im August ist eines der Highlights des Bergjagdjahres. Feisthirsche sind Waldgespenster, und in den allermeisten Fällen schlichtweg unsichtbar. Heimlich und quasi inaktiv stehen sie in kleinen Einständen, um sich Kraftreserven für die zehrende Brunft anzuäsen und das Geweihwachstum zu vollenden. Einen alten und erfahrenen Hirsch dann auch nur zu bestätigen, erfordert große Vorsicht und Geschick – schon ein unachtsamer Gang durch den Einstand um eine Wildkamera mit Sendefunktion anzubringen, kann ausreichen, dass er sich gestört fühlt und seinen Einstand wechselt.
Geduld und starke Nerven braucht der Jäger, der auf eine dieser Divas waidwerken möchte. Denn sobald der Feisthirsch Anfang August fegt, kann es passieren, dass er sich – obwohl über Wochen immer wieder am gleichen Platz bestätigt – in Luft auflöst und es dem Jäger nur bleibt, ein langes Gesicht zu machen. Die Kunst ist es, die Einstände so zu pflegen und die störungsempfindlichen Hirsche so zu lenken, dass sie auch nach dem Fegen dortbleiben. Salz, forstliche Maßnahmen, die ruhige, heimliche Einstandsflächen schaffen und ungestörte Wildäsungsflächen sind hierfür unerlässlich.
Hat der Hirsch gefegt, beginnt das Warten. Denn damit die Stangen ausreichend Farbe bekommen, muss man noch einige Tage Geduld haben. Beim Ansitz darf man sich nicht den kleinsten Fehler zu erlauben – ein Windtester und ein Wärmebildhandgerät leisten dabei gute Dienste ebenso wie lautlose Bekleidung. Jagd man an den Abenden heißer Augusttage sind die Hirsche oft erst spät auf den Läufen. Um sicher den Richtigen ansprechen zu können, empfiehlt sich ein lichtstarkes Fernglas. Ein Zielfernrohr mit hoher Dämmerungsleistung ist von Vorteil – zu ärgerlich wäre es, den Schuss wegen schlechtem Licht nicht mehr anbringen zu können. Die Waffen- und Kaliberwahl richtet sich den Gegebenheiten des Ansitzes. Die Entfernung und – im Berg besonders zu berücksichtigen – die Tötungswirkung des Geschosses sind dabei wichtige Faktoren, denn an manchen Plätzen kann eine Flucht in schwieriges Gelände führen und gefährlich werden, oder zumindest das Bergen immens erschweren. Allein mit einer Bergehilfe und Muskelkraft kommt man in schwierigem Gelände dann nicht mehr weit.
Die Jagd auf einen Feisthirsch im Berg ist eine Kunst, und verlangt vom Hirschjäger großes Geschick, Geduld und Besonnenheit. Und die Disziplin, dem Drang zu Ansitzen nicht zu früh nachzugeben, sondern lieber noch einen weiteren Abend auf die Bilder der Kamera zu warten. Ein einziger verpatzter Ansitz, und die Chance ist zumindest auf den Feisthirsch in diesem Jahr vertan. Umso glücklicher kann sich ein Jäger schätzen, wenn es denn gelang! Denn dies ist die heimliche Krone der Hirschjagd. Waidmannsheil!
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